Samstag, 11.09.1999
Um 5 Uhr schälen wir uns verschlafen aus unseren mollig warmen Schlafsäcken, um uns der Morgentoilette zu widmen. Nun ja, und dann wird es
chaotisch! Es ist schon ziemlich mühsam, den harten Duschvorhang, der neben der Toilette und der im rechten Schrank hängenden Kleidung an
der Schrankdecke angebracht ist, herauszuziehen. Schließlich habe ich es geschafft, und unmittelbar vor dem Küchenherd ist nun eine
Duschkabine entstanden (das muß man sich nur mal bildlich vorstellen!). Dann gibt es das nächste Problem. Der Duschkopf steckt auf einem
Haken, der oberhalb der Toilette auf einem Ablagebrett befestigt ist, während sich die Armatur auf dem Schrankboden befindet. Wenn man sich
nun bückt, um den Wasserhahn aufzudrehen, stößt man wegen der Enge unweigerlich an Herd oder Kühlschrank. Dann fällt mir ein, daß die
nasse Seite des Duschvorhangs beim Einrollen direkt an unserer Kleidung hängen wird, mal ganz davon abgesehen, daß fast der gesamte
wannenähnlich ausgebaute Fußbodenbereich des Wohnmobils unter Wasser stehen wird. Ich bin ja wirklich flexibel und kompromißbereit. Aber
jetzt mache ich nicht mehr mit! Ich weigere mich, dieses Ding, das sich Dusche nennt, zu benutzen und mache heute morgen statt dessen nur
eine Katzenwäsche. Dabei stoße ich mir beim Zähneputzen dann auch noch die rechte Schulter an der Mikrowelle und hole mir an der
Ablufthaube, die links von mir über dem Herd angebracht ist, eine Beule am Kopf! Ich habe zwar schon öfters gelesen, daß sich Trapper in der
Wildnis überhaupt nicht waschen, aber mit einer "Eigenparfümierung" möchten wir nun doch nicht drei Wochen durch Kanada touren. Diese
völlig mißglückte und nicht zu gebrauchende Konstruktion einer Alibidusche kann doch nur von einem Mann stammen! Wer sonst könnte einen
solchen Irrsinn verzapfen!. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß so etwas jemals einer Frau einfallen würde. Nun ja, es hilft jetzt
alles nichts. Mit den gegebenen Tatsachen müssen wir die nächsten Wochen leben. Wir beschließen, auf unserer Rundreise eben mal öfters ein
Motel aufzusuchen.
Nach diesem anfänglichen Chaos genießen wir dennoch ein umfangreiches und gemütliches Frühstück, während draußen die Tannenzapfen mit
lautem Knall auf unser Autodach plumpsen und die Eichhörnchen schimpfend die Baumstämme hoch- und runtersausen. Mit einem Wort: es ist
richtig idyllisch. Von der Packung Reis-Brot, die ich als erstes anbreche, bin ich schon mal begeistert. Aus unseren Vorräten aus dem
Supermarkt koche ich für die nächsten Tage ein paar Menüs auf Vorrat. Zum Abkühlen stellen wir sie nach draußen auf den Waldboden, wo sie
innerhalb kürzester Zeit von neugierigen Eichhörnchen umlagert werden, so daß Horst sie bewachen muß. Der Kühlschrank ist anschließend
fast bis zum Anschlag voll. Danach steht aufräumen und saubermachen auf unserem Plan, der Benzintank wird noch aufgefüllt. Beim Ablassen
des Wassers an der Dumpstation dann das nächste Chaos. Als Horst den Abwasserschlauch aus dem Rohr herauszieht, ist dieser an
zahlreichen Stellen undicht, und das Wasser spritzt zu allen Seiten! Als Krönung des Ganzen läßt sich anschließend die Kappe des
Ablaufstutzens nicht mehr festmachen, da der Riegel total verbogen ist. Zu unserem großen Glück hat eine tankende Alaskanerin zufällig eine
Zange dabei, mit deren Hilfe wir den Verschlußriegel geradebiegen und den Ablaufstutzen wieder verschließen können.
Um die Mittagszeit erreichen wir dann ohne weitere Pannen Watson Lake mit seinem weltbekannten Sign-Post-Forest. Ein heimwehkranker
amerikanischer Soldat hat hier beim Bau des Alaska-Highways vor über 50 Jahren ein Schild seines Heimatortes an einen Holzpfosten
genagelt. Heute hängen hier Tausende solcher Schilder aus der ganzen Welt. In der Autowerkstatt am Ort haben sie zwar einen neuen
Abwasserschlauch für unseren Camper, aber heute keinen Mechaniker, der in montieren könnte. Sie raten uns, unten in Stewart eine Werkstatt
aufzusuchen. Nach einem Besuch im Nothern-Lights-Theater und einem kitschig gemachten Film über das Nordlicht (Aurora borealis) machen
wir uns bald darauf wieder auf unseren Weg Richtung Süden. Nach knapp 25 km biegen wir auf den Cassiar Highway ab. Bei strahlendem
Sonnenschein und wunderschöner Laubfärbung geht es auf dem gut befahrbaren, teilweise geschotterten Highway fast immer geradeaus. Hier
begegnen uns noch weniger Autos und außer den putzigen Eichhörnchen (die wir nur noch Hörnchen nennen) überhaupt keine anderen Tiere.
Eigentlich hatten wir schon hier Bären erwartet. Wir wollen heute noch den von der Kreuzung in Watson Lake 235 km entfernten Ort Dease-Lake
erreichen. Ungefähr 50 km vor unserem Ziel bezieht sich der Himmel, und kurz darauf prasseln die ersten Regentropfen aufs Auto. In
Dease-Lake (einem aus einer Handvoll Häusern bestehendem Örtchen mitten im Busch) werden wir heute übernachten.
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